Schlagwort: Aktion Stolpersteine

Jahresrückblick 2019 – Abituria-Ehrung für Abiturient des Röntgen-Gymnasiums, Feier in Bamberg und mehr…

Das zurückliegende Verbindungsjahr der Abituria Wirceburgia war wieder reich an Höhepunkten. Unser Veranstaltungsreigen begann mit dem Neujahrs-Frühschoppen am Dreikönigstag im Würzburger Ratskeller und endete mit dem fidelen Spieleabend der jüngeren Abiturianer am 28. Dezember. Auch die dazwischen liegenden Treffen zeugten wieder von der Vielfalt unseres Programms. Beispielhaft seien erwähnt das jährliche Entenessen Ende Januar in Randersacker, die stimmungsvolle Kneipe am 16. März im Abituria-Heim, der griechische Abend im Juli oder das Martini-Gansessen im November in Kürnach. Auch unsere monatlichen Stammtische in München erfreuten sich weiterhin großer Beliebtheit.

Einige Veranstaltungen verdienen besondere Erwähnung. So gab uns Abiturianer Dr. Matthias Wagner am 28. Juni eine informative Führung durch die kulturhistorisch bedeutsame Zisterzienserabtei Kloster Bronnbach, die den Teilnehmern noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Am selben Tag feierten die Schulabgänger des Röntgen-Gymnasiums Würzburg ihre bestandene Reifeprüfung, wozu auch wir eingeladen waren. Denn Abiturient Leonhard Bremer erhielt von der Abituria Wirceburgia eine Urkunde mit Anerkennungsprämie für seine herausragende Seminararbeit im Fach Geschichte. In dieser hat er das Schicksal von Fritz Reinlein aufgearbeitet, der 1939 an unserer Stammschule die Reifeprüfung ablegt hatte, der Abituria angehörte und Anfang 1945 vom NS-Regime wegen „Wehrkraftzersetzung“ hingerichtet worden war. Um die Erinnerung an Fritz Reinlein wach zu halten, soll zusammen mit dem Röntgen-Gymnasium ein Stolperstein verlegt werden.  

Ein weiterer Höhepunkt war der festliche Kommers unserer Schwesterverbindung Abituria Radantia am 26. Oktober in Bamberg, den wir mit einer größeren Abordnung besuchten. Wir feierten 60 Jahre Freundschaftsbund zwischen Bamberg und Würzburg sowie den 100. Jahrestag des Kartells zwischen Radantia und Abituria OR Bayreuth. Die stimmungsvolle, von begeisternden Reden und fröhlichem Gesang geprägte Veranstaltung weckte den Wunsch, die freundschaftlichen Verbindungen zwischen Ober- und Unterfranken zu vertiefen. Dazu laufen bereits vielfältige Abstimmungen.

So freuen wir uns auf viele frohe und bereichernde Begegnungen im kommenden Jahr.

Im sonnigen Bamberg feierten am 26.10.2019 die drei Abiturien aus Ober- und Unterfranken ihren stimmungsvollen Kommers

Im schwarzen Walfisch zu Askalon? – Nein, zu Würzburg!

Ein verwandelter Wels am Würzburger Mainufer

Zu den beliebten Evergreens von Schüler- und Studentenverbindungen gehört das humorvolle Lied „Im schwarzen Walfisch zu Askalon“, das gerne auf festlichen Veranstaltungen gesungen wird. Auch in Würzburg gab es einst ein Lokal namens „Schwarzer Walfisch“, in dem am 26.11.1910 die ersten Abiturienten der Oberrealschule Würzburg (heute Röntgen-Gymnasium) die Schülerverbindung Abituria gründeten (1). Ihr Ziel, mit Hilfe dieser Vereinigung die Freundschaft über die gemeinsame Schulzeit hinaus zu bewahren und sich dadurch nicht aus den Augen zu verlieren, ist auch heute noch hoch aktuell.

Deren Gründungslokal „Schwarzer Walfisch“, am Würzburger Mainkai gelegen und damit weit entfernt von den Ozeanen unseres Planeten, hat mit dem Wal als größtem Meereslebewesen freilich nichts zu tun. Stattdessen stand ein heimischer Wasserbewohner Pate: der Wallfisch, auch Waller oder Wels genannt. Laut Stadthistoriker Werner Dettelbacher sangen die in der Gaststätte verkehrenden Studenten Victor von Scheffels Schlager “Im schwarzen Walfisch zu Askalon” nach der Melodie von Ludwig Teichgräber recht gerne und bedrängten den Wirt, bis er endlich seine Gaststätte zunächst “Zum schwarzen Wallfisch” umtaufte (2).

Das zweite “l” sollte auch noch aus dem Namen verschwinden, womit in übertragenem Sinn dann endlich der Wels in einen Walfisch verwandelt worden war: Auf der unten abgebildeten Ansichtskarte aus den 1920er Jahren weist die Gebäudefront zwar noch den “Wallfisch” mit Doppel-„l“ auf, in der Beschriftung am linken unteren Rand ist jedoch nur noch ein “l” zu finden und damit der Titel des Studentenlieds korrekt umgesetzt.

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Ansichtskarte des Restaurants „Schwarzer Wal(l)fisch“ aus den 1920er Jahren. Archiv Abituria Wirceburgia.

Die Abituria im „Schwarzen Walfisch“

Der „Schwarze Walfisch“ war nicht nur bei Studenten beliebt, sondern wurde auch von Oberstufenschülern der Würzburger Gymnasien frequentiert. So verwundert es nicht, dass die Wirtschaft wie erwähnt 1910 als Gründungslokal der Abituria der Oberrealschule Würzburg diente (heute: Abituria Wirceburgia). Im Januar 1949 war das Lokal für die Abituria erneut ein Ort des Aufbruchs, da hier die erste Mitgliederversammlung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stattfand und damit der Grundstein für ein bis heute blühendes Verbindungsleben gelegt wurde.

In den nachfolgenden Jahren wurden im „Walfisch“ auch die monatlichen Abituria-Stammtische abgehalten, wofür die Vereinsleitung wegen der enormen Teilnehmerschar den großen Saal buchen musste, der im ersten Stockwerk hinter der breiten Fensterfront lag und auch den markanten Erker mit einbezog. Zu einer dieser Veranstaltungen gestaltete Albin Amann 1950 im Abituria-Gästebuch eine treffliche Zeichnung. Sie zeigt den damaligen 1. Vereinsvorstand Ernst Jung, wie er aus seinem Wohnort Helmstadt kommend über die Alten Mainbrücke zum Walfisch eilt, aus dessen großen Schlund ihm schon die Freunde fröhlich entgegenwinken.

Noch heute treffen sich die Mitglieder der Abituria gerne in ihrem ehemaligen Gründungslokal, wie z.B. am Samstag, 10.12.2016 um 19:00 Uhr.

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Zeichnung für das Gästebuch der Abituria der Oberrealschule Würzburg zum Stammtisch am 06.02.1950 aus der Feder von Albin Amann (Abitur 1939). Archiv Abituria Wirceburgia.

Klassentreffen

Seit das Restaurant zum Hotel erweitert wurde, bietet es sich auch für Klassentreffen an, zu denen die Teilnehmer teilweise weite Wegstrecken zurücklegen. So ist beispielsweise bekannt, dass Alfred Otto Haas (1901 – 1983), Schüler jüdischen Glaubens und Abiturient des Realgymnasiums Würzburg (heute: Siebold-Gymnasium), bis in die 1970er Jahre regelmäßig aus dem Exil in Portugal nach Würzburg reiste, um hier seine ehemaligen Klassenkameraden wiederzusehen (3).

Das Restaurant gehört nun schon seit vielen Jahren zur gehobenen Gastronomie Würzburgs und bietet – dem Namen verpflichtet – auf der erlesenen Speisekarte auch ausgezeichnete Fischgerichte an. Schade nur, dass mit der heutigen Bezeichnung „Hotel Walfisch“ der Bezug zum bekannten und beliebten Studentenlied verschwunden ist und wegen des Fehlens des früher einmal vorhandenen Klaviers im Lokal nur noch selten studentische Weisen erklingen…

Wolfgang Nüdling

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Das Hotel Walfisch im Mai 2014. Archiv Abituria Wirceburgia.

Literatur

(1) Nüdling, Wolfgang: Die Gründung der Abituria, in: Abituria Wirceburgia zu Würzburg e.V. (Hrsg.), 100 Jahre Abituria Wirceburgia zu Würzburg 1910 – 2010, Würzburg, 2010, S. 25 – 38; ders.: Die Abituria – Hundert Jahre Schülerverbindung des Röntgen-Gymnasiums, in: Direktorat des Röntgen-Gymnasiums Würzburg (Hrsg.), Von der alten OB zum RGW, Festschrift 100 Jahre Abitur am Sanderring 1910 – 2010, Würzburg, 2010, S. 110 – 115.

(2) Dettelbacher, Werner: Zu Gast im alten Würzburg, München, 1993, S. 71 – 72.

(3) Roedig, Christian: Jüdische Schüler am Staatlichen Realgymnasium, in: Schulleitung des Siebold-Gymnasiums Würzburg (Hrsg.), Dem Namen Siebold Ehre machen…, Festschrift und Jahresbericht zum 150-jährigen Jubiläum, Würzburg, 2014, S. 109.


Abituria Wirceburgia

Die Schülerverbindung Abituria Wirceburgia ist eine Vereinigung von Abiturienten Würzburger Gymnasien. Gegründet 1910 als „Abituria der Oberrealschule Würzburg“ gilt das Röntgen-Gymnasium Würzburg als Nachfolger der Oberrealschule noch heute als unsere Stammschule. Mit der Öffnung 1993 für Schüler aller Würzburger Gymnasien wählten wir den Beinamen „Wirceburgia“, um an die gleichnamige jüdisch-paritätische Studentenverbindung zu erinnern, die 1933 von den NS-Machthabern verboten wurde und der auch jüdische Mitglieder aus unseren Reihen angehörten.

Die Abituria Wirceburgia bietet heute ihren Mitgliedern ein vielfältiges kulturelles Programm. So organisieren wir regelmäßig Besichtigungen von interessanten Sehenswürdigkeiten Würzburgs und der näheren Umgebung oder finden uns zu kulinarischen Veranstaltungen ein. Bei den jüngeren Mitgliedern stehen lockere abendliche Treffen und Feiern im Vordergrund.

Darüber hinaus stellen wir Würzburger Gymnasien, der Aktion Stolpersteine und auf Anfrage auch anderen Interessenten Informationen, Bildmaterial etc. aus unserem umfangreichen Archiv zur Verfügung. Mit regelmäßigen Veröffentlichungen über die vielen ehemaligen Würzburger Schülerverbindungen halten wir dieses interessante Kapitel heimischer Schulgeschichte in Erinnerung. Wer diesbezüglich über Informationen oder museales Material verfügt, möge bitte mit uns Kontakt aufnehmen.

Kontakt:
Abituria Wirceburgia e.V.
Brücknerstr. 5/R
97080 Würzburg
info@abituria.org

Mädchen-Abitur 1922 am Realgymnasium Würzburg

Gymnasiale Ausbildung für Mädchen – ein langer Weg

Was heute selbstverständlich ist, war vor knapp 100 Jahren noch eine Seltenheit: Schülerinnen treten zur Abiturprüfung an! Die folgenden zwei Bilder sprechen für sich: Während an der Würzburger Sophienschule Töchter aus begüterten Haushalten immerhin die Mittlere Reife erwerben konnten, war es darüber hinaus nur einer geringen Zahl an jungen Damen möglich, auch die allgemeine Hochschulreife zu erwerben. Das Realgymnasium (heute: Siebold-Gymnasium) war dabei in Würzburg einer der Wegbereiter.

Dort gehörte Hermine Korbacher (verh. Pabst) zu den wenigen Mädchen, die Anfang der 1920er Jahre in Würzburg das Abitur erreichten. Als einzige Schülerin ihrer Abschlussklasse hebt sie sich mit ihrem weißen Kleid deutlich von den dunkel gewandeten Mitabiturienten ab (die beiden Fotos stellte ihr Sohn Dr. Herbert Pabst 2016 dem Abituria-Archiv zur Verfügung).

Über die langwierige und schlussendlich erfolgreiche Entwicklung der Mädchenbildung in Würzburg hat Studienrätin Anna Geiger, Lehrerin für Englisch, Geschichte und Sozialkunde am Siebold-Gymnasium, 2014 in der Festschrift zur 150-Jahrfeier der Schule einen ausführlichen und sehr lesenswerten Beitrag verfasst, siehe Literaturhinweis.

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Mittlere Reife an der Sophienschule Würzburg 1918, vordere Reihe, 3. von links: Hermine Korbacher (1926 verheiratet mit Artur Pabst). Archiv Abituria Wirceburgia (Dr. Herbert Pabst, Dachau, Nachlass Artur Pabst und Hermine Pabst, geb. Korbacher).

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Hermine Korbacher (1926 verheiratet mit Artur Pabst) inmitten ihrer Abiturklasse 1922 am Realgymnasium Würzburg. Archiv Abituria Wirceburgia (Dr. Herbert Pabst, Dachau, Nachlass Artur Pabst und Hermine Pabst, geb. Korbacher).

Literatur

Geiger, Anna: Frauenpower – Powerfrauen: Eine Geschichte der Mädchenbildung in Würzburg und am Siebold-Gymnasium, in: Brunner, Bernhard / Buttmann, Michael / Nickel-Göb, Irmgard / Rapps, Hermann / Schädle, Ulrike / Wolpert, Andrea (Red.): Dem Namen Siebold Ehre machen…, Festschrift und Jahresbericht zum 150-jährigen Jubiläum, Siebold-Gymnasium, Würzburg, 2014, S. 93 – 106.

Nüdling, Wolfgang: Abituria Realgymnasium, Mädchenabitur & Turonia, in: Abituria Wirceburgia, Mitteilungsblatt Nr. 73, Sept. 2016, S. 14 – 18.

Wolfgang Nüdling

 


Abituria Wirceburgia

Die Schülerverbindung Abituria Wirceburgia ist eine Vereinigung von Abiturienten Würzburger Gymnasien. Gegründet 1910 als „Abituria der Oberrealschule Würzburg“ gilt das Röntgen-Gymnasium Würzburg als Nachfolger der Oberrealschule noch heute als unsere Stammschule. Mit der Öffnung 1993 für Schüler aller Würzburger Gymnasien wählten wir den Beinamen „Wirceburgia“, um an die gleichnamige jüdisch-paritätische Studentenverbindung zu erinnern, die 1933 von den NS-Machthabern verboten wurde und der auch jüdische Mitglieder aus unseren Reihen angehörten.

Die Abituria Wirceburgia bietet heute ihren Mitgliedern ein vielfältiges kulturelles Programm. So organisieren wir regelmäßig Besichtigungen von interessanten Sehenswürdigkeiten Würzburgs und der näheren Umgebung oder finden uns zu kulinarischen Veranstaltungen ein. Bei den jüngeren Mitgliedern stehen lockere abendliche Treffen und Feiern im Vordergrund.

Darüber hinaus stellen wir Würzburger Gymnasien, der Aktion Stolpersteine und auf Anfrage auch anderen Interessenten Informationen, Bildmaterial etc. aus unserem umfangreichen Archiv zur Verfügung. Mit regelmäßigen Veröffentlichungen über die vielen ehemaligen Würzburger Pennälerverbindungen halten wir dieses interessante Kapitel heimischer Schulgeschichte in Erinnerung. Wer diesbezüglich über Informationen oder museales Material verfügt, möge bitte mit uns Kontakt aufnehmen.

Kontakt:
Abituria Wirceburgia e.V.
Brücknerstr. 5/R
97080 Würzburg
info@abituria.org